TCM – Heilpflanzen aus Anwendungen in der chinesischen Medizin

Seit Jahresbeginn 2009 bieten wir Ihnen auf dieser Website eine erste Zusammenstellung chinesischer Heilpflanzen in einer gesonderten Galerie. Der Einstieg in die Thematik war für meine Fotografen und mich ebenso frappierend wie spannend; die wirkliche Reichweite des Themas können wir auch jetzt nur mehr erahnen als erfassen, denn sie birgt den Stoff für eine weitere jahrelange Beschäftigung, für die wir uns gerne auch mit anderen Arbeitsgruppen und Einrichtungen vernetzen wollen, denn soviel ist jetzt schon klar: die Dokumentation der chinesischen Heilpflanzenwelt ist kein Unterfangen, das von einer botanischen Bildagentur im Alleingang geleistet werden kann. – Allein im pflanzlichen Bereich greift die chinesische Medizin auf über 5 000 Pflanzenarten in unterschiedlichen Zusammenstellungen und Zubereitungen zurück.


Getrocknete Samenkapseln der Lotusblume, Foto: Thomas Grimm

Erste Lehrstühle an deutschen Universitäten belegen das ernsthafte wissenschaftliche Interesse, das inzwischen gegenüber der asiatischen Heilkunst geweckt worden ist. Über 1 000 Ärzte, die in Deutschland praktizieren haben mittlerweile Zusatzausbildungen in chinesischer Arzneimitteltherapie absolviert; wesentlich größer dürfte die Zahl der Heilpraktiker sein, die sich im Interesse ihrer Patienten mit diesen Theorien beschäftigen.
Die Öffnung Chinas selbst für die westlichen Märkte und die Kooperationsbereitschaft in kulturellen Belangen ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Verzahnungen und Technologietransfer finden auf unzähligen Gebieten statt. Die Begegnung zwischen östlicher und westlicher Heilkunst ist aber kein Unterfangen, das mit kurzfristigen Erfolgen rechnen kann: zu groß sind die Unterschiede im weltanschaulichen wie im ethnischen Verständnis der Kulturen und mit bloßen sprachlichen Übersetzungen ist auf vielen Feldern der medizinischen oder pharmazeutischen Anwendung noch nichts erreicht. Alle Beteiligten sollten sich deshalb darüber im Klaren sein, dass es hier ein Arbeitspotential für die nächsten Jahrzehnte gibt. Medizinisches wie pharmazeutisches Grundverständnis muss hier mit seinen kulturellen Wurzeln und unterschiedlichen Verfahrensweisen aufeinander abgestimmt werden.

Mit den Veröffentlichungen von Bensky (1) und Stöger (2) wurden westlichen Pharmazeuten und Ärzten seit den 90er Jahren erste wissenschaftliche Zugänge zur chinesischen Heilpflanzenkunde ermöglicht; in ersten dankenswerten Anläufen wurden hier die chinesischen Drogenmonographien für die westliche Pharmazie und deren apothekengerechte Prüfmethoden zugänglich gemacht. Inzwischen haben auch erste pflanzliche Drogenangebote aus der chinesischen Medizin (nach unseren aktuellen Recherchen von bis zu 350 Pflanzenarten, die sich im deutschen Raum meist an den Empfehlungen und Vorarbeiten von Stöger orientieren) den Eingang in die Verkaufsregale deutscher Apotheker gefunden und werden von unterschiedlichen Vertretern chinesischer Heilkunst verordnet.
Schier grenzenlos ist dagegen die Zahl asiatischer Importeure, die zeitgleich vor den Toren des Internets versuchen, den Zugang zu westlichen Märkten zu finden. Das Angebot, das hier den Weg zu den zahlenden Verbrauchern sucht ist oft genauso zweifelhaft, wie die Akteure, die es avancieren. Hier entwickeln sich immer wieder Grauzonen, die nicht nur dem europäischen Zoll künftig große Probleme bereiten werden: wer schützt den leichtgläubigen Patienten in Zukunft vor der Einnahme gefährlicher pflanzlicher Drogen (z. B. mit Pyrrolizidinalkaloiden, die in China noch gebräuchlich, bei uns aber als leberschädigend und krebserregend eingestuft sind)? Und wer schützt empfindliche oder bedrohte Pflanzenbestände in China vor der Ausrottung und Vernichtung, wenn unkontrollierte Exporte einzelner Pflanzenarten im westlichen Ausland skrupellosen Händlern hohe Profite versprechen (schon jetzt sind im Internet einzelne chinesische Drogen mit Grammaturpreisen von $ 500,– und mehr für dubiose Anwendungsbereiche zu eruieren)?



Blütenstände des tibetischen Enzians, Foto: Gerhard Höfer

Nach unseren Quellen gehen wir momentan von einer geschätzten Zahl von 5 000 und mehr Pflanzenarten aus, die in der chinesischen Heilkunde eine Rolle spielen, wenn wir dabei sowohl die offizielle chinesische Pharmakopöe berücksichtigen wie auch die zahllosen ethno-botanischen Anwendungen lokaler Art, die in der chinesischen Volksheilkunde überliefert werden. Eine Studie der Universität von Sichuan wies schon 1994 insgesamt 4 100 arzneilich genutzte Pflanzen allein für die Provinz Sichuan aus; in der Provinz wird wegen der geomorphologischen und klimatischen Besonderheiten für die Botanik ohnehin eine der artenreichsten Regionen der Welt vermutet.
Wie wollen sich deutsche Apotheker, Ärzte und Heilpraktiker in Zukunft mit diesem gewaltigen Angebot aus dem Repertoire der chinesischen Heilkunst auseinandersetzen – an vielen deutschen Universitäten ist das Studium der pharmazeutischen Botanik schon jetzt auf einen einzigen Kurs im Grundstudium zusammengestrichen, der noch nicht einmal mehr hinreichend ist, um mit den Pharmaziestudenten alle pflanzlichen Drogen des europäischen Repertoires zu behandeln. Wer wird die Inhaltsstoffe chinesischer Heilpflanzen aus unterschiedlichsten Anbaugebieten untersuchen und Qualitätskriterien für den Einsatz dieser Pflanzenarten im europäischen Markt festlegen? – Zum Glück wurde einer ersten ungezügelten Importwelle nun erst einmal ein Riegel vorgeschoben. Kriterien für Zulassungen und Import sind in Bearbeitung, aber das Interesse wächst ständig und wir müssen uns einer dauerhaften ernsthaften Auseinandersetzung mit der Thematik stellen.

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) macht seit 1999 erste Anbauversuche mit chinesischen Heilpflanzen unter deutschen Anbaubedingungen (http://www.lfl.bayern.de/ipz/heilpflanzen/13835/) und wie man hört, werden dabei mit einigen Pflanzenarten (z. B. Angelica dahurica, Artemisia scoparia, Leonurus japonicus, Rheum palmatum, Salvia miltiorrhiza u. a.) schon gute Erfolge erzielt.
In ehemaligen Kohlfeldern des Kreises Dithmarschen in Schleswig-Holstein verspricht der Anbau von chinesischen Heilpflanzen einigen Bauern schon jetzt einen höheren Rendite-Ertrag als der Weißkohl der über Jahrhunderte das Markenzeichen der norddeutschen Küstenregion war. Die chinesische Rankpflanze Gynostemma pentaphyllum, die jetzt hier zum weiteren Verkauf als Topfpflanze für Endverbraucher angebaut wird hat schon längst unter dem Namen „Unsterblichkeitskraut“ ihren Einzug in die esoterische Heilkunst Europas gefeiert – andere werden folgen.


Blatthabitus des Unsterblichkeitskrauts, Foto: Thomas Grimm

In bestimmten Kreisen unserer eigenen Kundschaft erlebt der chinesische Götterbaum (Ailanthus altissima) – bisher als lästige Invasionspflanze von Gartenbauabteilungen eher gefürchtet – z. Zt. eine enorme Aufwertung, seit man weiß, dass seine Rinde und Blätter in der chinesischen Medizin eine Rolle spielen. Der chinesische Surenbaum (Toona sinensis) wird seit letztem Jahr verstärkt in Baumschulen und Gärtnereien angefragt, weil es sich herumgesprochen hat, dass seine Schösslinge in einigen Regionen Chinas als Gemüse mit heilkräftiger Wirkung gegessen werden. – Diese Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.

Ein durchgängiges Interesse an der chinesischen Pflanzenwelt ist also durchaus auf unterschiedlichen intellektuellen Niveaustufen zu verzeichnen. Als botanisches Facharchiv wollen wir uns diesem Trend nicht verschließen, sehen aber auch noch einen enormen Forschungsaufwand und Recherchebedarf um allen Beteiligten eine nachhaltige Quelle an ernsthafter Information und qualifizierter Bebilderung zu liefern.

Zum Status quo haben wir zunächst einmal 1 500 chinesische Heilpflanzen in unserer hausinternen Datenbank erfasst und zwar neben der bewährten Viersprachigkeit auch zusätzlich mit chinesischen Synonymen sowohl in Pin Yin wie mit den vollständigen chinesischen Schriftzeichen. Die oftmals abweichenden chinesischen Drogenbezeichnungen für die Pflanzenarten oder verwendeter Pflanzenteile referenzieren wir in einer gesonderten Liste. Vorläufig sehen wir jedoch noch keine Veranlassung diese wertvolle Datenbank der Öffentlichkeit online preiszugeben (nicht zuletzt wegen zweifelhafter Einstellungen zum Urheberrecht seitens vieler Internetnutzer). Einige unserer hausinternen Vertragsfotografen bearbeiten aber im Moment schon diese Listen, um auch unser Bildmaterial im Bereich der chinesischen Pflanzenheilkunde auszuweiten.
Wir freuen uns über alle Angebote von Institutionen und wissenschaftlichen Einrichtungen, die hier an einer längerfristigen Zusammenarbeit mit uns interessiert sind: Arzneimittelbehörden oder Vollzugskräfte in der Importabwicklung (Zoll), die die Bevölkerung vor gefährlichen oder verunreinigten Drogenlieferungen schützen müssen, Pharmazeuten und Apotheker, die ihr chinesisches Drogensortiment fotografisch dokumentiert sehen möchten oder botanische Gärten und Versuchsanstalten, die aktuell ihren asiatischen Pflanzenbestand in Schaugärten erweitern und mit uns das Interesse an einer Dokumentation ihrer Arbeit teilen.

Besucher unserer Website und unsere redaktionellen Kunden können wir schon jetzt auf die Zusammenstellung von über 400 Heilpflanzen aus Anwendungsbereichen der chinesischen Medizin verweisen:http://www.lavendelfoto.de/de/kat-tcm.htm.
Bei Bedarf liefern wir natürlich auch exklusiven Content für Ihre Publikationsvorhaben und klinken Sie auf Wunsch auch in unsere aktuellen Produktionen ein, die online zunächst noch nicht für alle Besucher unserer Website einsehbar sind. Auch für Ihre eigenen Wünsche (Text, Bild, Datenbankentwicklungen zur chinesischen Pflanzenheilkunde) haben wir ein offenes Ohr.

Was auch immer der Anlass für Ihre Beschäftigung mit chinesischen Heilpflanzen sein mag, ein Anruf genügt (040 5001311) und wir sind sicher, dass wir bei diesem Thema mit Ihnen eine Basis für die künftige Zusammenarbeit finden werden.

Mit freundlicher Empfehlung

Gerhard Höfer



Geöffnete Lotusblüte mit Staubfäden, Foto: Christa Palma

(1) Bensky, Dan u. a.: Chinese Herbal Medicine: Materia Medica, 3. Auflage, Eastland Press, Seattle 2004
(2) Stöger, Erich A.: Arzneibuch der chinesischen Medizin – Monographien des Arzneibuches der Volksrepublik China 2000 und 2005 (incl. 330 Drogenmonographien). Deutscher Apotheker Verlag, 2. Auflage 2007

 

P. S.
Schon ein Jahr nach Publizierung der obigen Projektskizze konnte im März 2010 mit Yaocaodict.com ein Wörterbuch der chinesischen Heilpflanzenkunde an den Start gehen, in dem nahezu 5 000 Pflanzenarten aus heilkundlichen Anwendungen der Volksrepublik China erfasst sind. Das Wörterbuch ermöglicht simultane Übersetzungen von chinesischen Heilpflanzen und deren Drogenbegriffen über die wissenschaftliche Taxonomie in die europäischen Zielsprachen deutsch, französisch und englisch.