Verbreitung in Hausgärten und an Vogelfutterstellen
Erste Untersuchungen (Analyse von 33 Vogelfutterproben aus verschiedenen Geschäften des Rhein-Main-Gebietes in 2006) ergeben tatsächlich Funde von durchschnittlich 24 Ambrosiasamen pro Kilogramm Vogelfutter, in einem Extremfall wurden 170 Samen in 1 kg Vogelfutter gefunden (Brandes, Nitzsche; 2006). In weiteren Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass unsere einheimischen Vögel die Ambrosiasamen gar nicht (!!) fressen, sogar Futterstellen meiden, wenn diese mit Ambrosiasaat bedeckt sind oder nur aus Ambrosiasamen bestehen (Brandes, Nitzsche; 2007). Damit sind unsere Vogelfutterstellen prädestiniert für die weitere Ausbreitung und Verschleppung aller Ambrosiasamen, die im Vogelstreufutter enthalten waren und von den Vögeln verschmäht werden. Die Pflanze ist deshalb seit den 90er Jahren gehäuft in
Hausgärten, öffentlichen Anlagen und an
Vogelfutterstellen im freien Gelände zu beobachten- auch hier haben wir es mit einer bisher noch nicht absehbaren qualitativen Veränderung im Auftreten von Ambrosia zu tun, die sich deutlich von früheren Kartierungsmerkmalen aus BRD und DDR abhebt.
Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft fordert auch die Produzenten und Händler von Vogelfutter in das aktuelle Aktionsprogramm Ambrosia 2007 einzubeziehen, um die weitere Verbreitung von Ambrosiasamen durch Vogelfutter zu verhindern. (Foto: Thomas Grimm)
Verwachsene Hüllblätter der weiblichen Blüte umschließen den schwarzen Samen der Beifuß-Ambrosie, der eine Keimfähigkeit von 30–40 Jahren hat. Auch nach dieser Zeit können Pflanzen an vernachlässigten Vogelfutterstellen zum Vorschein kommen, wenn klimatische Veränderungen oder eine Umschichtung der Erdkrume dies begünstigen.
(Foto: Thomas Grimm)
So weist beispielsweise die Hamburger Kartierung von 1990 bis 2006 Ambrosia-Funde an insgesamt 33 Standorten im Hamburger Stadtgebiet aus, ohne dass man hier von festen Beständen reden könnte (Poppendieck, a.a.O.). Die Dunkelziffer von Einzelpflanzen, die seit den 90er Jahren in Hausgärten aller deutschen Bundesländer auskeimen, dürfte dagegen beträchtlich sein. Entsprechend schwer ist es momentan, die Dauerhaftigkeit solcher Bestände zu prognostizieren (z.B. die auffällige Häufung von Einzelpflanzen der Art im Stuttgarter Raum). Meist fallen nämlich diese Pflanzen schon wieder als Unkraut der regulären Gartenpflege zum Opfer. Aber ebenso häufig wird die Jungpflanze wegen ihrer großen Ähnlichkeit zu Gartenblumen (Tagetes, Tomaten-Jungpflanzen, Mutterkraut, Süßdolde u.a.) übersehen und erfreut sich dann zunächst einmal wegen ihres stattlichen Wuchshabitus sogar einer gewissen Toleranz, die gärtnerischer Neugier oder botanischer Unwissenheit geschuldet ist.
Beifuß-Ambrosie beim U-Bahn-Zugang Jungfernstieg vor der Europapassage. Hamburg im Juli 2007 (Foto: Thomas Grimm)
Auch der gärtnerischen Pflege in öffentlichen Anlagen kann die Pflanze entgehen. Unser spektakulärer Fund einer Pflanzengruppe mit 10 Individuen in einem vernachlässigten Pflanzbeet auf dem Jungfernstieg inmitten der Hamburger City war ganz offensichtlich auf die Ausbringung von Vogelfutter zurückzuführen. Die Meisenknödel, aus denen das Saatgut vermutlich stammte, waren von wohlmeinenden Passanten für die Vögel der vegetationsverarmten Innenstadt am Treppengeländer des U-Bahn-Zugangs Jungfernstieg in der Hamburger City angebracht. In dem vernachlässigten Pflanzbeet fanden sie die ideale Wachstumsumgebung vegetationsverarmter Industriebrachen mit offener Erdkrume, an denen sich die Beifuß-Ambrosie bevorzugt festsetzt.
Innerstädtische Vogelfutterstellen mit offener Erdkrume sind potentielle Verbreitungsorte für die Beifuß-Ambrosie. (Foto: Thomas Grimm)
Ähnliche Beobachtungen lassen sich in vielen parkähnlichen Arealen der Innenstädte machen, wo die Kürzung gärtnerischer Pflege-Etats eine gewisse Verwahrlosung mit entsprechendem Wildwuchs zulässt. An innerstädtischen Vogelfutterstellen (meist in der Nähe von Sitzgruppen) kann die Beifuß-Ambrosie deshalb vielerorts schon kleine Bestandsinseln bilden.
Ein unberechenbar größeres Ausbreitungspotential bieten offene Feldbrachen, die momentan häufig als ökonomische Folgen des Konkurrenzdrucks auf die einheimische Landwirtschaft entstehen. Wenn diese Flächen von Jägern und Jagdpächtern zur Ausbringung von Wildsaaten genutzt werden, sind weitere Ausbreitungsareale der Beifuß-Ambrosie gegeben.
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