Re-Import im Vogelfutter aus den ehemaligen Ostblockländern
Die wirtschaftspolitische Neustrukturierung, die für Europa mit dem Fall der Mauer in Deutschland eingeleitet wurde, und die mit der EU-Osterweiterung einen weiteren Höhepunkt erreichte, begünstigt die neuen Wanderbewegungen von Ambrosia seit den 90er Jahren offensichtlich in schwer kontrollierbaren Distributionskanälen. Landwirtschaftliche Märkte sind seit den 90er Jahren im Zuge der Globalisierung einer ständigen Umstrukturierung unterworfen; der Anbau von Ölsaaten unterliegt dabei einer nahezu unberechenbaren börsenartigen Entwicklung. So wurde beispielsweise die Welterzeugung von Sonnenblumensaaten im Wirtschaftsjahr 2005 auf ca. 25 Mio. t veranschlagt. Mit 3,8 Mio. t sind die EU-Ostblockländer an dieser Produktion beteiligt, weitere 4 Mio. t stammen aus Russland, wo in der Ukraine ein wichtiges Anbaugebiet für Sonnenblumen zu suchen ist. Ihre Anbau- und Lieferkapazitäten sind u.a. ein heftiges Konkurrenzpotential für die Produktion von Sonnenblumensaaten aus den alten EU-Ländern, wo Frankreich lange Zeit im Sonnenblumenanbau führend war. Entsprechend schnell strukturiert sich der Markt um. Während beispielsweise im wiedervereinigten Deutschland in den 90er Jahren noch bis zu 100.000 ha der Agrarflächen für den Sonnenblumenanbau zur Verfügung standen, ist dieser Anteil inzwischen permanent rückläufig und ging gerade noch einmal von 28.000 ha in 2006 auf 18.000 ha in 2007 zurück.
Ca. 300 Sonnenblumensorten werden z.Zt. in Europa für unterschiedlichste Verbraucheransprüche angebaut. Meistens handelt es sich um Ölsaaten, aber auch Vogelfutter spielt bei dem Anbau eine beträchtliche Rolle. (Foto: Margrit Müller)
Züchtungserfolge, neue Sorten und mittlerweile differenzierte Anforderungen an die Qualität von Öl liefernden Sonnenblumen im Unterschied zu Vogelfuttersorten haben seit den 90er Jahren eine ständige Verschiebung der Marktanteile zur Folge. Die Hersteller von Vogelfutter, die z.B. das Winterstreufutter, Meisenknödel, Futterringe u.ä. für den Markt bereithalten, müssen auf ständig wechselnde Lieferquellen zurückgreifen. Dabei unterliegen die Qualitätskontrollen für Vogelsaaten längst nicht den strengen Reinheitskontrollen, die für zertifizierte Ölsaaten in der Lebensmittelindustrie zu Grunde gelegt werden, im Gegenteil: - Beisaaten werden bei Vogelfutter nicht nur geduldet, sondern sind zur Erhöhung der Diversität geradezu erwünscht. Auch Wildsaatenlieferanten, die Aussaaten für Grünstreifen in Feldfluren sowie die jagdliche Nutzung von Brachflächen (Deckung für Hasen und Fasanen) liefern, deklarieren oft hohe Anteile von Sonnenblumensaaten (ca. 12%) in ihren Produkten. Flächig dominante Bestände von Ambrosia, die in umgewandelten landwirtschaftlichen Flächen gefunden werden, sind häufig auf die Ausbringung von solchen Saatmischungen zurückzuführen.
Die zweckfremde Verwendung von Futtermitteln als Saatgut kann verheerende Folgen haben, wenn sie als Gründüngung und Bodendecker für frei lebende Wildtiere ausgesät werden. Auch die Aussaat von Vogelfutter in Schnittblumenfeldern (z.B. Sonnenblumen auf Feldern zum selber Pflücken, die in manchen Bundesländern professionell betrieben werden) hat häufig eine katastrophale Kontaminierung der landwirtschaftlichen Böden mit Ambrosiasamen zur Folge.
In manch gemischtem Vogelstreufutter können unerwünschte Beisaaten durchaus enthalten sein (siehe oben mit Ambrosiasamen in der Mitte freigelegt). Diesbezügliche Verunreinigungen wurden bisher von vielen Herstellern geduldet; künftig wird hier mit anderer Sorgfaltspflicht gehandelt werden müssen, um die Verbreitung von Ambrosiasamen zu verhindern. (Foto: Thomas Grimm)
Hier ist die offene Hintertür zu suchen, mit der Ambrosiasamen in den letzten Jahren in beträchtlichem Ausmaß bei uns zur Verteilung kommen. Als Herkunftsländer für verunreinigte Sonnenblumensaaten lassen sich immer wieder die Ukraine, Ungarn und Slowenien ausmachen. Auch minderwertige Sonnenblumenkerne als Abfallprodukte des Ölsaatenanbaus (meist schwarze Sonnenblumenkerne) finden sich im Vogelstreufutter. Hersteller und Lieferanten des Vogelstreufutters, die ihre Saaten aus den genannten Herkunftsländern beziehen, bleiben dabei sogar dem Endverbraucher in vielen Fällen vorenthalten. Oft ist die Konfektionierung ein No-Name-Produkt oder gibt lediglich noch Auskunft über die Baumarkt-, Drogerie- oder Lebensmittel-Handelskette, in deren Auftrag das Streufutter zur Abfüllung kam. Deshalb wird im aktuellen Aktionsprogramm Ambrosia 2007 der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft gefordert, die Produzenten und Händler von Vogel- und anderem samenhaltigen Tierfutter unbedingt in das weitere Vorgehen einzubeziehen.
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