Ausbreitung der Art in der Schweiz und Deutschland?

Trotzdem kam es über den Austausch landwirtschaftlicher Maschinen (Mähdrescher aus der Gegend um Lyon in Frankreich waren anschließend wiederholt zum Ernteeinsatz in der Gegend um Genf in der Schweiz) nun in den letzten Jahren zu einem sprunghaften weiteren Anstieg der Ambrosia-Ausbreitung in der Schweiz, die deshalb seit 2006 eine verstärkte Bekämpfungsstrategie für die Pflanzenart auf lokalem und nationalem Niveau entwickelt hat. (Der Schweizer Bundesrat hat seit dem 09.06.06 Ambrosia als „besonders gefährliches Unkraut“ in der Pflanzenschutzverordnung aufgelistet.)
Schaut man sich die Kartierungsvorkommen der allergenen Pflanze in der Schweiz an, so kann man tatsächlich dem Eindruck einer geographischen Invasion aufsitzen, die von Süden kommend auf Deutschland zurollt. Neben dem Tessin, wohin die Pflanze als Einwanderer aus Italien gelangt ist, verzeichnet die Schweiz nun in nördlicher Umgehung der Alpen eine Wanderbewegung der Ambrosia vom Rhonetal bei Lyon über den Genfer See und den Schweizer Jura (Solothurn, Bern und Zürich) bis hinauf ins Rheinland bei Basel, wo die Ausbreitung über Freiburg und andere Landesteile Baden-Württembergs nach Norden inzwischen schon den Anschluss an die deutschen Altbestände in der Gegend um Mannheim/Ludwigshafen gefunden hat. Mit der Durchquerung der Schweiz hatte die Ambrosia-Invasion nun auch endgültig den deutschen Sprachraum erreicht – offensichtlich auch ein wichtiger Faktor für den aktuellen Nachrichtenwert der Allergiepflanze in Deutschland, die seit 2006 eine völlig andere Wahrnehmung und emotionale Gewichtung erfährt als zu Zeiten ihrer früheren Kartierung in BRD und DDR. Mit ihrer massenhaften Ausbreitung im klimatisch begünstigten Südwestdeutschland (Rheinebene von Freiburg bis Karlsruhe und in der benachbarten Rheinpfalz) machte Ambrosia nun auch zum ersten Mal mit ihrem allergenen Potential auf sich aufmerksam. (Erste Untersuchung belegen eine Allergie-Anfälligkeit von 10% der Schüler gegenüber Ambrosia in dieser Region.)
Gleichzeitig entdeckte aber auch die südbayerische Autobahnverwaltung einen starken Ambrosia-Bestand auf der Autobahnstrecke von Salzburg nach München, der bis dahin weder entdeckt noch beachtet worden war. In vereinzelten Streckenabschnitten (Schwerpunkte bei Anger und Bad Reichenhall) konnte sich die Beifuß-Ambrosie auch hier schon Bestand bildend auf dem Mittelstreifen der Autobahn etablieren.
Damit waren die Puzzlestücke für das Bild einer fremden und bösartigen Invasion komplett: der Tenor für eine schlagzeilenträchtige Pressekampagne in 2006 war geschaffen. Schlagzeilen über „Killer-Pollen“, „Horrorkraut“ und „Allergie-Aggressor“ bestimmten in 2006 vielerorts schon die Berichterstattung, während sich die Pflanze zeitgleich in vielen Hausgärten noch unerkannt entfalten konnte.

Vernachlässigte Parkanlagen (hier eine Sitzecke in Hamburg-Eimsbüttel) mit Vogelfutterstellen begünstigen die Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie – auf diesem Bild zwischen Gemeinem Beifuß (links) und Gänsefuß (rechts). (Foto: Thomas Grimm)

Es gibt also keinerlei Gründe mehr, die Fragen und Problemstellungen im Zusammenhang mit einer allergenen Invasionspflanze leichtfertig abhandeln zu wollen. Die mittlerweile konstatierbaren Veränderungen des Klimawandels können perspektivisch auch in Deutschland Temperaturbedingungen für eine weitere Stabilisierung temporärer Bestände der Beifuß-Ambrosie bewirken. Der Hitzesommer 2003 könnte hierfür schon einen ersten Ausschlag gegeben haben. In der Rheinebene (Mannheim-Ludwigshafen) waren offensichtlich schon in der Vergangenheit günstigere klimatische Bedingungen für eine dauerhafte Etablierung der Art gegeben, ebenso im Großstadtklima von Berlin und in den heißen Festlandsommern der östlich angelagerten Areale in Brandenburg (Ballungsgebiet der Ambrosiavorkommen zwischen Cottbus und Calau) und Sachsen. Die künftig zu erwartende Erwärmung unseres Klimas wird dem Wuchshabitus von Ambrosia artemisiifolia, wie sie sie von ihrer nordamerikanischen Prärie-Heimat gewohnt ist, weiter entgegenkommen.
Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft ist deshalb nach diversen wissenschaftlichen Studien und Kolloquien 2006 zu dem Schluss gekommen, auch in Deutschland eine Bekämpfung der Pflanze zu veranlassen. Die Bundesanstalt selbst, Grünflächenämter und Pflanzenschutzämter nehmen Meldungen größerer Pflanzenbestände entgegen und koordinieren die Bekämpfungsmaßnahmen. (Aktionsprogramm Ambrosia 2007, einzusehen unter www.bba.bund.de)

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